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Der Taxifahrer liefert sie direkt im Büro bei Fayez ab. Einem hochgewachsenen, schlaksigen Mann in Anzug und Krawatte. Mittleren Alters. Aufgeweckten Augen. Brille. Er füllt den Raum mit seiner Ausstrahlung, die sie fast etwas einschüchtert. Nicht einfach zu greifen. Wenig arabisch. Eher geprägt durch seinen jahrelangen Umgang mit internationalen Gästen und einer ehemaligen Beziehung mit einer Europäerin. Mittlerweile ist sie wieder zurück in ihrer Heimat. Zu sehr waren die kulturellen Unterschiede der Länder. Sein Schreibtisch, in dem auch der Whiskey für besondere Gäste untergebracht ist und auf dem er nächtelang Börsenkurse checkt, steht parallel zum Fenster. Vor Nachmittag erscheint er selten in seinem Hotel. Sie ist froh um ihre späte Anreise, sonst hätte sie ihn wohl nicht in dieser Form kennenlernen dürfen. Er begrüsst sie freundlich, bietet ihr einen Platz in den Besuchersesseln vor seinem Schreibtisch an und bestellt Tee für sie. Sein Englisch fliesst. Auch Zeyad, der Taxifahrer nimmt noch einen Tee, bevor er gleich wieder auf die Suche nach Fahrgästen durch die einsame Nacht zieht. In der Zwischenzeit verabschiedet sich ein amerikanisches Pärchen sehr herzlich von Fayez. Fayez erklärt ihr, dass  sie sehr ehrgeizig wären in ihrem Zählen der von ihnen bereisten Ländern. Wie man wohl so viele Länder mit durchschnittlich 20 Urlaubstagen pro Jahr bereisen kann!? Sie wenden dabei den Trick an, Länder bereits zu zählen, indem sie auch Zwischenstopps zählen. Sie messen ihre Anzahl der Reisen auf einer Online-Platform. Sie handelt noch einen Zimmerpreis für ihren Aufenthalt aus. Nach dem Tee verabschiedet sie sich auf ihr Zimmer. Der Tag war anstrengend genug.

No. 304. Das Zimmer ist sehr staubig. In diesem Hotel sind definitiv keine Philippinas beschäftigt, wie in vielen der besseren Hotels. Sie sind als Reinigungskräfte sehr geschätzt in der Region. Sie hat einen Balkon. Es gibt nur eine Steckdose. Man muss sich entscheiden zwischen Kühlschrank, Fernsehen und dem Laden der devices. Morgen wird sie das Solarpanel testen. Bisher hatte sie noch nicht die Möglichkeit dazu. Sie vermisst ihren Katadyn. Morgen wird sie zudem bereuen, dass sie das Solarpanel so aufwändig mitführt. Das Solarpanel sollte dem Zweck dienen, bei Aufenthalten, zum Beispiel in Wadis, ohne elektrische Versorgung die Geräte laden zu können. Scheint, als wäre diese Situation nun mitten in Amman bereits eingetreten. GSM is down. Heute fernsehen.

Das einzig Friedliche scheint sich auf Fussballfeldern abzuspielen:
Demonstrations in Aserbaidschan.
Burning cars in Paris.
Bombings in Baghdad.
Bombings in Westbank.
USA threatens Iran.
Disconcertment in Aleppo – the casket with a dead wedding guest arrived from Amman.
Demonstrations in Amman.

Danach das Wetter:
Again a tornado over USA.
Munich 12 °C.

Die Anschläge sollen anscheinend nicht, wie anfangs in der Presse berichtet, auf touristische Ziele gerichtet gewesen sein. Vielmehr gegen Mossad- und CIA-Aufenthalte. Der Empfang von CNN ist nicht durchgängig. So wechselt sie zwischen den Programmen. Sie versucht die arabischen Meldungen zu entschlüsseln. Sie zeigen eine 35jährige Schwarze Witwe mit dem Bombengürtel, der nicht gezündet hat. Damit bekommt das Grauen ein Gesicht.

  2 comments for “٠٠٣٥ 0035

  1. higi
    03/27/2014 at 7:59 PM

    xxenia, Du hast eine wunderbare Art zu erzählen.
    Ich will mehr davon….mehr…………mehr

    • xxenia
      03/29/2014 at 6:27 PM

      Liebe HiGi,

      es ist schön, dass Du Dich so gerne verzaubern lässt. Du so offen und neugierig auf das Leben bist.

      Bussi
      xxenia

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