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Libanesische Kinder haben den gleichen Gefallen wie syrische Kinder, ahnungslose Passanten durch Knallfrösche zu erschrecken. Die Menge der Knallfrösche in ihren Hosentaschen kann man ihnen in ihren verschmitzten Gesichtern abzählen. Meistens macht sie ihnen die Freude.

Raus aus den Seitenstrassen. Runter zur corniche. Mütze, Sonnenbrille, Schal, Kopfhörer und starrer Blick aufs Meer sollen sie vor männlichen Übergriffsversuchen schützen. Es würkt. In einem unbedachten Moment jedoch entscheidet sie sich für einen Kaffee von einer der vorbeirollenden Getränkestationen. Schwupp, die Falle schnappt zu. Der Eigentümer zweier Stadtbusse der Linie 2 will was manch andere auch wollen. Es fehlt ihr anscheinend noch ein boyfriend. Meint er. Und “Almaniya haluwa.” Hätte sie erwähnt, dass sie aus Togo kommt, wäre bestimmt Togo haluwa. Die Strategie des Betreibers des rollenden Maiskolben-Standes wird sie nicht erfahren. Sie sammelt Informationen und webt sie in ihre eigenen Strategien, ähnlich Mastermind ein. Verheiratet, zwei Kinder reicht anscheinend nicht für 4 schwarze Erfolgspunkte. Kennt man sie, weiss man, dass sie bei Mastermind niemals Braun setzt. Ob 12 Spielzüge wohl reichen!? Sie verlässt Kilomenter 0. Mit Bus, Linie 2. Ein paar Stationen.

Morgen geht es wieder zurück nach Syrien. Nach Dimashq. Es gab zu dieser Zeit keine Stadt, die ihr mehr Respekt einflösste. Zu Recht. In Dimashq ist sie zu keiner Zeit von Kindern mit Knallfröschen geschreckt worden. Dimashq allein schon ist eine Herausforderung. Dimashq im November während al-fitr ist eine wirkliche Herausforderung. Es bedarf einiger Überlebensstrategien, um nicht zu verhungern, zu erfrieren oder überfahren zu werden. Hinzu kommt die Gefahr, aufgrund der giftigen Emmissionen, auf der Haut und in den Atemwegen zu erkranken. Auf der Suche nach Zimmerbrunnen sich zu verlaufen und nicht wieder zurückzufinden. Von rivalisierenden Taxi-Suchenden zwischen die Reihen zu kommen. Durch eines der Tore von Damaskus durchzuschreiten und in einer fremden Welt zu verschwinden. Überflüssig zu erwähnen, dass Dimashq eine der ältesten durchgehend bewohnten Städte der Welt ist. Unnötig zu erwähnen, dass es keine Stadt gibt, die sie so beherrscht.

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