004 \ Glück ist eine Oase, die zu erreichen nur träumenden Kamelen gelingt.

Arabisches Sprichwort.

Fast in einem Rutsch bewältigen wir die Strecke durch Deutschland, am Bodensee noch kurz durch Österreich, der Schweiz und Italien. J ist wirklich hart im Nehmen. Zwischendurch wurde es auf dem San Bernardino noch spassig.

J: “Wie lange soll es denn noch regnen?”
Ich: “Bis unten.”
J etwas später: “Das Schlimmste ist Fahren bei Regen in der Nacht.”
Ich: “Nein, Schnee!” Von Nebel war auch die Rede.

Die Auffahrt auf den San Bernardino war geprägt von Regen, später Schneegestöber, die Strasse noch frei. Rein in den Tunnel. Raus aus dem Tunnel. Schneebedeckte Strasse bei Schneegestöber! Man fühlt die Anspannung. Als wir das Schneegestöber hinter uns gelassen haben: Nebel! Laut meiner Prognose fehlt jetzt nur noch Blitzschlag.

Erst kurz vor Genua legen wir eine Schlafpause ein. Nach wenigen Stunden Schlaf geht es auch schon wieder los. Wir müssen zur Fähre und wollen noch in Genua einkaufen. J hat Waschlappen und Handtücher vergessen. Aufgrund des Dosenpfandes in Deutschland, wollen wir hier unser Bier kaufen. Die EU hat auch in Italien ganze Arbeit geleistet. W möchte sich noch ein Paar Ersatzschlappen zulegen. J bewacht den Truck.

Wir können uns nur auf unseren Instinkt verlassen. Mein Italienisch, das ich mir überwiegend in einem WochendCrashKurs und zahlreichen Ausflügen in die Provinzen Italiens angeeignet habe, hat sich final dem Arabischen geschlagen gegeben. Nun würde ich wahrscheinlich wieder mit Verzweiflung im Gesicht vor einer italienischen Speisekarte kapitulieren. Dank unseres Proviants bliebe ich aber noch geraume Zeit davon verschont.

Dove Waschlappen? Italien scheint den Einsatz von Waschlappen nicht zu praktizieren. So gibt sich J mit Handtüchern zufrieden. Die Mission Bier haben wir erfolgreich absolviert. W hat neue Schlappen. Unser Bier – al-kuhl darf nicht eingeführt werden – verstauen wir in einem doppelten Boden, der selbst mir bisher verborgen blieb. Ich kenne eigentlich jeden Winkel. Wir haben jedem Teilnehmer eine Dose Bier pro Tag zugewiesen. 90 Dosen.

Die Fähre dürfen wir nicht verpassen. Sie fährt nur dreimal wöchentlich. Am Terminal angekommen, fädeln wir uns bei freier Auswahl in die Einfädelspuren für den üblicherweise grossen Andrang ein, die auf einen Sammelplatz führen. Noch ist nicht viel los. Wir sind früh, obschon wir noch gefühlt alle Tankstellen in Genua nach Campinggas abgefahren sind.  Ein vorerst letzter Anruf in der Heimat. Mutz hat Geburtstag. J vermisst sein 20er. Um gleich ein Zeichen zu setzen, ziehe ich meine Fischerweste an, die mich mit einem WüstenfüchsinnenLook von den Asphaltstrassenfahrern optisch differenzieren soll. Die paar TunesienHeimfahrer erkennt man an den auf den Dachgepäckträgern ihrer Pkws meterhoch aufgetürmten Mitbringseln. Auch Fahrräder dürfen nicht fehlen, die die Stapel krönen. Nur vereinzelt die eine oder andere Fischerweste und der eine oder andere Defender. Ein Magirus-Deutz und ein Tatra sind auch darunter. Deutlich mehr Campingmobile. Es fühlt sich an wie Kaffeefahrt. Kaum Moschus in der Luft. Wohl zu viele Abenteuerfantasien im Kopf.

Ich nehme Kontakt zu den wenigen Fischerwestenträgern (in wie vielen unterschiedlichen Farben gibt es Fischerwesten eigentlich?) und den LandroverFahrern auf. Mein Weltbild benötigt Auffrischung. So lerne ich auch den ehemaligen deutschen Botschafter in Libyen mit seiner Reisegruppe kennen. Regelmässig machen sie sich in die Wüsten Libyens auf. Was wahrscheinlich noch Jahrzehnte dauern dürfte, das Land flächendeckend zu erkunden.

Der Platz füllt sich.

Als sich abzeichnet, dass die Auffahrt bevorsteht, verabreden wir uns noch schnell für später im Salon.

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