034 \ Die schönste Blume des Sieges.

Meistens navigiert der Beifahrer. J hält W an, sich konzentriert der Navigation zu widmen, da wir in dem breiten Wirrwarr an Tracks leicht von unserem Ziel abtreiben könnten. Zudem sollte man sich nicht deutlich abseits der Piste aufhalten, da aus dem AfrikaFeldzug des 2. Weltkrieges noch ausreichend scharfe Minen ausliegen würden.

Riesige Mengen von Minen aus dem Afrika-Feldzug des Zweiten Weltkrieges gefährden auch heute noch Ägypter und Libyer.

„Ich lege mich doch nicht in die Verteidigung, ich greife an. Und Sie”, wies Generalleutnant Erwin Rommel den Pionieroffizier seines Erkundungskommandos an, “schirmen mir die Flanke mit Minen ab.”

“Um Gottes willen”, mehr wußte Oberleutnant Werner Hundt nicht zu entgegnen. Doch Rommel hakte nach: “Wie viele Dinger brauchen Sie denn dafür?”

Hundt suchte nach einer Antwort: “Wir hatten da so Formeln”, erinnert er sich an die Szene aus dem Jahr 1941. Doch um zu rechnen, mußte er wenigstens wissen, wie ausgedehnt die deutschen Operationen sein würden, in welchem Gelände, gegen einen wie starken Feind sie stattfinden sollten.

Rommel beruhigte ihn: “Millionen Minen rollen bereits durch Italien.”

In der Tat, an Minen war kein Mangel während des deutschen Afrika-Feldzuges, der zwei Jahre später mit der Kapitulation der Heeresgruppe Afrika beendet wurde. 252 000 Angehörige der deutschen Heeresgruppe gerieten bei dem Endkampf bis zum 13. Mai 1943 in britisch-amerikanische Gefangenschaft. Doch auf den Schlachtfeldern Nordafrikas ließen die Achsenmächte viel zurück: 48 000 Gefallene und Vermißte, wertvolles Gerät, das nicht mehr nach Italien gebracht werden konnte, und – vor allem – Minen. Sie töten auch 40 Jahre nach Kampfende in Nordafrika noch weiter.

Jahr für Jahr melden vor allem Libyen und Ägypten neue Opfer: Mal trifft es Hirten, die entlaufene Tiere ihrer Herden verfolgen, mal Kinder, die irgendwo im Sonnenlicht Metall glitzern sehen, mal stößt ein Bauer beim Graben auf einen Sprengkörper, mal fährt eine ganze Familie, wie noch in diesem Jahr geschehen, beim Ausflug abseits der Straße auf eine Mine.

Die Zahl der Opfer seit Kriegsende geht in die Hunderte, vielleicht sogar in die Tausende. Weder Gaddafis Volksfunktionäre noch die Behörden in Kairo sind in der Lage, genaue Zahlen zu nennen.

Allein in Libyen soll es durchschnittlich jeden zweiten Tag ein Minenopfer geben, weiß Kapitänleutnant a. D. Richter, deutscher Experte für Libyens Minenprobleme, zu berichten. “Erst in diesen Tagen starben wieder drei Kinder aus Bengasi beim Spiel.”
Quelle: DER SPIEGEL

Ich bin sehr beeindruckt als ich lese, dass sogar heute noch der Track der Expedition von Nikolaus Benjamin Richter aus dem Jahr 1942 im Sand sichtbar wäre. Kaum vorstellbar.

Freigeist W lässt die Route von der Navigation nicht unwesentlich abdriften. Daraufhin Schichtwechsel. Ich übernehme die Navigation und nötige J anscheinend trotz vorausgehender Anweisung mit meinen sehr akkuraten Anweisungen. Danach erhöhe ich die Abweichungstolerenz. Ich atme auf, als wir auf das Tor zum Waw treffen. Hosianna! Doseneintopf.

Aus Dankbarkeit zum Etappensieg errichten die Wüstenreisenden gen Waw an-Namus Steinmännchen am Wegesrand. Auch unseres steht jetzt da unter den unzähligen stillen Wächtern.

Von dort aus ist der Track eindeutig. Wer hier angekommen ist, hat eindeutig nur ein Ziel. Konsequent nähern wir uns dem Waw. Dunkler Aschesand kündigt ihn schon 10 Kilometer vor Erreichen an. Am Ziel gewähnt, stellen wir fest, dass es sich zwar um einen Vulkan, jedoch nicht um den deutlich grösseren Waw an-Namus in direkter Nachbarschaft handelt. Hier befindet sich auch die Polizeistation. Wir müssen noch etwas weiter über eine Anhöhe, um letztendlich dem Waw an-Namus in die Augen zu blicken. Und dann, der Moment, den man wohl in seinem Leben nicht mehr vergessen mag. Waw an-Namus. Das Loch der Mücken. Richter beschreibt ihn als 8. Weltwunder. Wie immer ist die Sahra wieder und immer wieder für Überraschungen bereit, falls man es lapidar beschreiben wöllte.

Majestätisch thront in der Mitte der 100 Meter tiefen Caldera der Vulkankrater. Mehrere Seen, drei zähle ich, eingesäumt von Schilf, das auch in der eigentlich so florafeindlichen Gegend Leben ermöglicht. Aufgrund der changierenden Farben der Seen schliesse ich auf hohe Salzkonzentration. Teile des Kraterrandes schichten sich schwarz schuppenartig. An der Steilwand entdeckt man Fahrzeugspuren von Abenteurern, die diese Heiligkeit des Ortes eher sportlich sahen. Von Mücken spürt man am Kraterrand nichts. Ich habe mir aber sagen lassen, dass man sich gerade in der Dämmerung vom Fusse des Kratergipfels fern halten sollte, da er dann seinem Namen Ehre machen würde.

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